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Samstag, 6. März 2004
Hart und herzlich: Entwicklungshilfe in Peru
Wir sind eingetaucht in die fremde Welt der Entwicklungszusammenarbeit. Haben Interviews gefuehrt mit Vertretern der GTZ, der Gesellschaft fuer Technische Zusammenarbeit. Peru ist eines der Laender in Suedamerika, in denen die deutsche Regierungsorganisation am aktivsten ist.

Schwer ist der Kampf gegen die Armut ueberall auf der Welt, sagen die Mitarbeiter. Und schwerer wird er, weil Deutschland staendig die Entwicklungshilfe kuerzt. Besonders schwer aber ist der Kampf in Peru. Denn hier wechseln alle Naselang die Regierungsmitglieder - in den letzten vier Jahren hat es sechs Gesundheitsminister gegeben. Und mit jedem gingen Beziehungen und Abmachungen, die die GTZler ausgehandelt , das Personal, mit dem sie zusammenarbeitet hatten.

Vielleicht ist dieser staendige Wechsel, dieses Sich-nicht-Verlassen-koennen der Grund dafuer, dass diejenigen so hart geworden sind, die in der GTZ oben mitspielen. Unser erster Interviewpartner, ein Bereichsleiter, taxiert uns mit durchdringenden Augen, misstrauisch, abschaetzig. Er fragt lieber zurueck als dass er antwortet. Einer der laengst gelernt hat, dass man mit Idealismus und Nettigkeit auf der Welt nichts veraendern kann, sondern nur mit Haerte, Intelligenz, Flexibilitaet. Und Machtgebaren.

Auch kein Idealist, aber sehr viel herzlicher: der Leiter des Projekts, das wir hier begleiten. Er ist um die 50, Argentinier deutscher Abstammung, Mediziner. Ein schlanker Mann mit wachem Blick und humanistischer Weltsicht.

Wir begleiten ihn zum jaehrlichen Workshop in Callao, der Hafenstadt bei Lima. In einem kahlen Sitzungssaal der Gesundheitsdirektion treffen sich 30 Mitarbeiter von Jugendgesundheitszentren aus den aermsten Gegenden der Stadt.
Sie berichten ueber das letzte Jahr. Es fehlt an Personal, an Geld, und das Elend ist gross. Man kann die Jugendlichen zwar beraten, wie sie sich vor Aids und Schwangerschaften schuetzen, oder, wenn es zu spaet ist, wenn sie schon schwanger sind oder krank oder vergewaltigt, wo sie die noetigste Hilfe bekommen. Man kann sie mit Tischfussball und Tanz beschaeftigen. Man kann sie aufklaeren. Aber das was sie wirklich brauchen - Arbeit, eine Perspektive fuers Leben - das kann man ihnen nicht bieten. Das kann niemand hier.

Und doch wollen alle weiterkaempfen. Der Projektleiter der GTZ und seine Mitarbeiterinnen - Soziologinnen, Studentinnen - haben einen Jahresplan erarbeitet. Noch mehr Vernetzung mit anderen Organisationen, mit UNAids, mit Plan International soll es geben. Das Ziel: Mehr Jugendliche sollen noch aufmerksamer auf ihre Gesundheit achten. Damit sie lernen, sich zu wehren, nein zu sagen, sich nicht aufzugeben und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Und mehr Jugendliche sollen zu Tutoren fuer Juengere ausgebildet werden, zu kleinen, motivierten Vorbildern.

Die GTZler fragen die Jugendarbeiter staendig nach ihrer Meinung, nach ihren Problemen und Loesungsvorschlaegen. Hier wird wenig serviert, viel diskutiert, viel gemeinsam erarbeitet. Der Workshop - er ist auch Zivilgesellschaft-Training. "Fuer viele ist das eine neue Erfahrung", sagt der Projektleiter. Viele sind gewohnt, dass man ihnen sagt, was zu tun ist. Nach den langen Jahren der Fujimori-Autokratie ist Peru ein Land mit enormer Armut. Aber auch ein Land auf dem Weg zur Demokratie.

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