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Sonntag, 21. März 2004
Sintflut ohne Arche Noah
Etwa vier Minuten braucht es, dann sieht man das andere Ufer der Lagune nicht mehr. Dann hat sich der Regen wie eine Riesenqualle vor das Restaurant geschoben. Wo die Tentakel den Boden beruehren, wird die Erde zu kupfernem Matsch. "Das bleibt den ganzen Tag so", meint die Koechin.

Wir sitzen vor einem Teller gebratetem Fischs und verhandeln mit Gilbert darueber, was uns die Bootsfahrt morgen kosten wird. Eine Fuenf-Zentimeter-Kakerlake fluechtet die Wand herab, versteckt sich hinterm Tischbein. Gilbert ist 52, deswegen nennen ihn die anderen Schiffer "el Viejo", den Alten. Er ist der Sohn eines spanischen Schamanen und einer Indianerin. Der einzige Sohn zwischen zwoelf Toechtern.

Die meisten hier halten ihn fuer verrueckt, sagt Gilbert. Weil er ihnen an den Kopf wirft: In zehn, zwanzig Jahren wird es den Urwald nicht mehr geben. Die Menschen denken nur noch an sich und nicht mehr an die Gemeinschaft und nur an heute und nicht mehr an morgen.

Sie holzen Waelder ab, ohne sie aufzuforsten. Sie fischen mit Gift. Sie jagen Tiere, die fast ausgestorben sind. Sie graben nach Gold und verseuchen den Boden und das Wasser mit Quecksilber. Sie bauen Pipelines und Strassen und zerstoeren alles und jeden, der ihnen in den Quere kommt. Und die Maechtigen kneifen die Augen zu. Es wird mehr kosten als ein Laecheln.

Morgen will er uns zeigen was noch uebrig ist vom Urwald. "Nehmt eure Capes mit", sagt Gilbert. Sintfluten wie heute wird es immer geben. Nur keine Arche Noah.

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